Verdrängt. Verkauft. Verraten?

Verdrängt. Verkauft. Verraten? – African Book Festival muss kurzfristig umziehen

Yesterday.Today.Tomorrow lautet das Motto des diesjährigen African Book Festivals, das am Samstag im Napoleon Komplex in Friedrichshain starten sollte. Überraschend traf dort am gestrigen Dienstag aber eine Nutzungsuntersagung des Bauamts ein. Der Betrieb der beliebten Spielstätte an der Modersohnbrücke ist damit bis auf Weiteres lahmgelegt.

Dieses drastische und von den Betreibern als überzogen interpretierte Handeln reiht sich in eine seit Jahren stattfindende Verdrängungspolitik in Kreuzberg-Friedrichshain ein, der nun auch das beliebte African Book Festival beinahe zum Opfer gefallen wäre.

Ausschließlich der Solidarität unter Berliner Kulturschaffenden ist es zu verdanken, dass es trotzdem vom 26.-28. August stattfinden kann. Innerhalb weniger Stunden stellte sich die Alte Münze in Mitte für den Samstag und Sonntag zur Verfügung und nahm das Festival auf.

Der Schock sitzt dennoch tief. „Für eine sofortige Schließung besteht kein ersichtlicher Anlass. Mängel, die genannt wurden, haben wir umgehend beseitigt. Hier wird wissentlich Diversität und Kiezkultur verhindert“, sagen die Betreiber des Napoleon Komplexes. Stefanie Hirsbrunner von der Buchhandlung InterKontinental, die das African Book Festival betreibt, geht noch einen Schritt weiter. Sie verweist auf die bekanntlich gerade jetzt nach der Pandemie immer noch prekären Arbeits- und Einkommensverhältnisse im Kultursektor: „Nicht nur scheint Berlin immer mehr zu einer Stadt zu werden, die Kunst und Kultur mit Füßen tritt. Es ist den Entscheidern in dieser Stadt allem Anschein nach auch gleichgültig, dass sie zu Armut und Arbeitslosigkeit so vieler kreativer Menschen hier, aber wie in unserem Fall, auch in afrikanischen Ländern beitragen“.

Das Festival versteht sich als Initiative für mehr Vielfalt und Diversität. Über die Literatur wird hier auch ein antirassistischer Vorstoß geleistet. Gefördert wird das Festival vom Hauptstadtkulturfonds mit einer Summe von 65.000 Euros, tatsächlich hat das 3-tägige Festival aber ein Gesamtvolumen von mehr als 200.000 Euros, entstanden aus rein ehrenamtlichem Engagement und Spenden. Siebzig Freiwillige helfen in diesem Jahr mit. Viele sind zum wiederholten Mal dabei, nehmen sich Urlaub, reisen extra an. „Wir arbeiten seit zehn Monaten ununterbrochen und oft in unserer Freizeit und mit privatem finanziellen Einsatz an der Umsetzung und den Inhalten dieses Festivals. Wir sind zutiefst empört über das Verhalten der Behörden“, sagt Karla Kutzner, Direktorin des Festivals.

Unter dem Hashtag #gesichtfürkultur zeigen sich die Betroffenen nun kampfbereit. Sie fordern die Berliner und Berlinerinnen zur Solidarität auf. Venice Trommer, Vorstandsmitglied von InterKontinental, fordert: „Kommt zum African Book Festival, egal wo es stattfindet. Unterstützt uns mit eurer Anwesenheit. Zeigt, dass man so nicht mit Kunst und Kultur und den Menschen, die in diesem Sektor arbeiten, umgehen kann. Berliner Kulturräume müssen erhalten bleiben!“

 

Friday, 26 August 2022

Festsaal Kreuzberg

Am Flutgraben 2, 12435 Berlin

Between S Treptower Park & U Schlesisches Tor

 

Saturday & Sunday, 27 & 28 August 2022

Alte Münze

Molkenmarkt 2, 10179 Berlin

S+U Alexanderplatz / U Klosterstraße